26.10.05

Alpenglühen



Himmelsriss

Heute hatte der Ulmer Stadtkessel einen ungewöhnlichen Rand - in Südrichtung waren andeutungsweise die Alpen zu sehen. Für Oktober ist es in Ulm momentan erstaunlich nebelfrei, und dazu war heute noch Hochdruckgebiet bis ins Hochland.
Die Folge: Ungewöhnlich hohe Sichtweiten.
Die durchschnittliche Sichtweite dürfte in Ulm von Oktober bis April bei ca. 400m liegen... Nebel eben. Aber über Nebel will ich mich gar nicht auslassen, auch nicht über die verschiedensten auftretenden Sorten wie Hoch-, Früh-, Boden-, Eis- und sonstige -Nebel.
So schlimm, wie alle sagen, ist es nämlich gar nicht - die meiste Zeit sieht man mindestens so weit, wie man sehen will.

Jedenfalls saß ich im Bus und sah mir die Alpen an. Ich hatte gerade vier Stunden Physikpraktikum und - weit davor - zwei nächtliche Stunden Schlaf hinter mir, und so sah ich mir die Alpen etwas länger an, als man sie gewöhnlich ansieht.
Und da überlegte ich mir, was ich schreiben sollte, wenn ich schreiben wollte, wie /hoch/ mir die Silhouette erscheint.
Spontan hätte ich gesagt, ein bis eineinhalb Zentimeter.
Und da kam mir natürlich gleich die Frage auf, wieso ich einen Zentimeter bis an den Horizont verlegen kann, ohne daß er sich wesentlich vergrößert. Aber testweise hätte ich jetzt jedem Gegenstand in meinem Blickfeld eine Zentimeterangabe zuweisen können, egal in welche Metergrößen sie sich erstreckten. In meinem Sichtbereich waren sie eben nicht größer als zwei, drei Zentimeter.
Dann überlegte ich mir, was meine Schwester geantwortet hätte, wenn ich sie gefragt hätte, wie hoch die Alpen wären - von hier aus gesehen und in Zentimetern.
Vermutlich wäre ihre Schätzung ganz anderes gelegen - vielleicht fünf Zentimeter.
Da fing ich an, mich zu wundern. Warum haben Menschen eine Längenvorstellung für einen Zentimeter - der ja, je nach Betrachtungsabstand, jede beliebige Größe haben kann?
Anscheinend entwickelt das Hirn im Lauf der Jahre im Umgang mit Metern und Zentimetern eine eigene Abschätzung, was jetzt wieviele Maßeinheiten lang ist. Und ich vermute auch, daß diese Abschätzung davon abhängt, in welchem Abstand man normalerweise seine "echten" Zentimeter vor sich liegen hat. Ein Mechaniker in der Autowerkstatt wird möglicherweise seine Zentimeter ein einem kleineren Abstand vor sich liegen haben wie ein Straßenbauarbeiter, und sie deswegen als größer empfinden.

Dann fiel mir ein, daß ich heute besonders nahe an meinen Zentimetern geklebt bin - im vierstündigen Physikpraktikum geht es um das genaue Ablesen von halben bis Zehntelmilimetern. Damit kam mir vielleicht eine Strecke von zwei Zentimetern relativ groß vor, mein Kollege im Bus, auf dem Sitz vor mir, hätte vielleicht die selbe Strecke als 5 oder 8 Zentimeter empfunden. Nein, ich habe nicht gefragt.

Leider konnte ich von dem Alpenproblem kein Foto machen, sonst hätte ich die Frage mal in den Freundeskreis weitergegeben. Aber auf einem Foto läßt sich ohnehin leicht feststellen, wie lang ein Zentimeter ist.
Also, Jungs, kommt mich besuchen und schaut's euch selbst an.
Ich koche auch was zum Abendessen.

Keine Kommentare: