27.10.05

Herbst



Ulm

Es ist Herbst.

Die Blätter am Straßenrand färben sich in den Landesfarben Jamaicas, die Menschen laufen mit neuen Winterjacken umher, nachmittags bekommt man am Fahrradständer noch locker einen Platz - und sogar das Wetter setzt alles daran, noch einen positiven Eindruck vom Jahr zu hinterlassen.
2005, gerade erst so richtig angefangen, ist schon fast wieder zu Ende.

Doch, im Gegensatz zum Kalenderjahr, wird eine Sache unbehindert weiter existieren: die menschliche Blödheit.
Beispiel gefällig? Kein Problem.

Vorletzte Woche, Fahrt nach Ulm.
Im Zug - wie so oft - ein paar lohnenswerte Fotomotive entdeckt, und mit tragischem Lächeln an mir vorüberziehen lassen. Ich hatte aus Zeitgründen die Kamera nicht mehr in den Rucksack packen können. Motive, die ich nicht fotografieren kann, können noch so schön sein - spätestens ein bis zwei Wochen später sind sie komplett aus meinem Gedächtnis verschwunden. Schon jetzt habe ich keine Ahnung mehr, was ich eigentlich fotografieren wollte.
Frust: zu wenig Zeit beim Packen -> schöne Fotos verpasst.

Letzte Woche, Fahrt nach Ulm.
Im Zug - wie so oft - ein lohnenswertes Fotomotiv entdeckt, ein junges Mädchen auf der Fahrt nach Augsburg. Ich hatte eine angeregte Unterhaltung über Studium im Speziellen und das Leben im Allgemeinen - und die Erlaubnis, ein Foto von ihr zu machen. Das Licht war gerade so was von optimal, man glaubt es gar nicht. Kalte Zugbeleuchtung im Hintergrund, goldgelbe Abendsonne waagrecht auf ein zartes Mädchengesicht - was gibt es Sinnlicheres?
Leider hatte ich diesmal meine Kamera aus Platzgründen nicht dabei. Das ist mir allerdings auch erst wieder eingefallen, nachdem ich gefragt habe. Peinlich. Und ihren Namen habe ich auch nicht.
Frust: zu wenig Platz beim Packen -> schönes Foto verpasst & peinliche Situation.

Diese Woche, Fahrt nach Ulm.
Mit dem festen Vorsatz unterwegs, alle Fehler der letzten Wochen zu vermeiden und alle bisher vernachlässigten Motive und Szenen nachzuholen, habe ich rechtzeitig mit dem Packen begonnen, und das Gepäck auch auf zwei Taschen aufgeteilt. Meine Kamera bekam ihren Stammplatz im Rucksack. Als ich dann im Zug - wie so oft - ein lohnenswertes Fotomotiv entdeckte, (eine Hochzeitsgesellschaft Mittfünfziger, die alle ausgelassen und in bestem Schwäbisch plauderten) packte ich voller Euphorie meine Kamera aus.
Zwar kein Spitzenmotiv, aber eine Erinnerung wert.
Kamera nochmal eingeschaltet.
Irgendwie wollte das Ding nicht, wie ich wollte.
Bis mir dann der Gedanke kam, daß das edle Teil heute etwas bedeutend leichter in der Hand liegt als üblich...
Ich Rindvieh hatte extra eine Stunde vorher die Akkus rausgenommen, einschließlich der Ersatzakkus aus meinem Rucksack, um sie noch für die kommende Woche frisch aufzuladen.
Und, was ist passiert? Im Ladegerät liegen sie heute noch.
Und ich habe zwar meine Kamera, und sogar die Fotomotive - aber der Frust bleibt.

Heute habe ich mitgezählt: Auf der Heimfahrt von der Uni (8 Minuten!) habe ich sage und schreibe 12 wirklich sehenswerte Szenen entdeckt. Perfektes Licht. Blaue Stunde. Alle Motive mindestens ein Foto wert, teilweise eher würdig für Panoramen oder HDRIs. Aber nein, ich mußte ja alle meine Akkus zu Hause lassen...

Wie frustrierend.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Du Bemitleidenswerter.
Da wird all die schöne Lernfähigkeit, die der Student so mit sich bringt, durch die ebenfalls sprichwörtliche Zerstreuung zunichte gemacht.
Shit Happens.